Hendrik Bonmann: Vom Ruhrpott über München nach Mainfranken

01.05.2021 / 12:28 Uhr

Wäre sein Großvater nicht gewesen, Hendrik Bonmann wäre wahrscheinlich aktuell nicht der Mann, der zwischen den Pfosten des FC Würzburger Kickers stünde. Möglicherweise wären die Lieblingsfarben des gebürtigen Esseners heute auch nicht schwarz-gelb, sondern blau-weiß. Welchen Lauf das Leben des heute 27-Jährigen genommen hätte, werden wir nie erfahren. Was aber sicher ist, der Großvater hat seinen Enkel sehr geprägt und einen großen Anteil daran, was aus ihm geworden ist.

 

Denn Bonmann senior nahm sich bereits im Kindesalter dem kleinen Hendrik an und wies ihm den schwarz-gelben Weg. „Mein Großvater hat mich mit vier Jahren erstmals mit ins Westfalenstadion genommen. Mit ihm bin ich mein Leben lang zu Dortmund gegangen und bin glühender Anhänger geworden. Mein Herz schlägt für Schwarz-Gelb“, ist Bonmann ehrlich. Auch eine eigene Dauerkarte habe er über Jahre besessen. Der Weg zur Arena war stets ein kurzer von seiner Heimatstadt Essen. Ob mit dem Auto, der S-Bahn oder dem Motorrad – die Heimspieltage gehörten „seiner“ Borussia. 

 

In der Jugend beim großen Rivalen

 

Aber nicht nur für die Wahl von Bonmanns Herzensverein war sein Großvater verantwortlich, auch für die Spielerkarriere seines Enkels legte er den Grundstein. „Er hat mich vor dem Garagentor trainiert und damit die Entscheidung getroffen, dass ich Torhüter werde“, erinnert er sich gerne zurück. Bei Fortuna Bredeney machte er seine ersten fußballerischen Vereinsschritte, ehe in der E-Jugend das erste Angebot eines größeren Nachbarvereins kam. Doch diesmal hörte Bonmann auf seinen Verstand, nicht auf sein Herz – und das mit zehn Jahren. „Der FC Schalke 04 fragte bei mir an und ich hatte damals schon den Traum, professionell Fußball zu spielen. Glücklicherweise war damals schon so vernünftig und habe das Angebot angenommen“, so Bonmann.

 

Eine weise Entscheidung, wie sich zeigte. Denn der Schlussmann fasste Fuß in der Knappenschmiede und streifte sich fünf Jahre das Schalker Trikot über. „Ich durfte in einem Nachwuchsleistungszentrum unter idealen Bedingungen trainieren“, hatte der Essener vor allem seine persönliche Entwicklung im Blick. Ins Stadion ging er aber weiterhin zum Erzrivalen, in die Arena Auf Schalke nur in den Gästeblock. Frotzeleien blieben da natürlich nicht aus. Aber über die sah der Nachwuchskeeper gerne hinweg. Schließlich kam er seinem Traum vom Profifußball Jahr für Jahr ein Stück näher.

 

Zum ersten Mal Rot-Weiß

 

Doch auch Bonmanns Karriere nahm einen Umweg. Der Sprung in die Schalker U16 wurde ihm verwehrt. Mit 1,70 Meter sei er zu klein, hieß es. Seine Kontrahenten waren damals Felix Dornebusch, heute aktiv bei Eintracht Braunschweig, und Patrick Rakovsky, aktuell bei Orange County unter Vertrag. „Das war schon bitter, aber die anderen beiden waren in diesem Moment einfach besser. Ich war schon sehr enttäuscht, weil es fünf Jahre nahezu perfekt lief. Ich dachte sogar daran, aufzuhören und nur noch mit meinen Kumpels zu kicken“, gibt der 27-Jährige zu. Bonmann wechselte zurück nach Essen, diesmal aber zu Rot-Weiß, wo er es erneut schaffte, bei größeren Nachbarn auf sich aufmerksam zu machen.

 

Bonmann war nicht mehr der bei Schalke als zu klein ausgemusterte Torhüter. Mittlerweile besaß er mit 1,94 Meter Gardemaß und mischte mit seinen Essenern die U19-Bundesliga auf. Eine Zeit, die ihn nachhaltig prägte: „Die Gegebenheiten in Essen waren ganz andere als in Schalke. Wir trainierten zeitweise sogar auf Asche. Die Umstellung war schon extrem. Allerdings hätte ich es ohne die nicht so weit geschafft hätte. Ich habe gelernt zu malochen, mir Dinge auf dem Trainingsplatz zu erarbeiten und gemerkt, dass das, was ich in Schalke hatte, nicht selbstverständlich ist.“ Mit ihm zwischen den Pfosten hielten die Rot-Weißen die Bundesliga, boten den großen Nachbarn Paroli. Bonmann blieb in der Hinrunde über neun Stunden ohne Gegentor. „Das war schon erstaunlich als Aufsteiger. Wir kamen über den Zusammenhalt und hatten eine richtig gute Truppe“, war es dem gebürtigen Essener eine Ehre für Rot-Weiß gespielt zu haben.

 

Ein Traum geht in Erfüllung

 

Bonmann machte in der Rückrunde nicht nur seine ersten Schritte im Herrenbereich – er gehörte ab Winter zum Kader der Regionalliga-Mannschaft und kam fünfmal zum Einsatz, sondern wechselte im Sommer erneut zu einem großen Lokalrivalen. Zu Borussia Dortmund. So klar, wie auf den ersten Blick scheint, war die Entscheidung aber nicht: „Ich hatte mehrere Angebote, auch sehr lukrative mit spannenden Perspektiven. Daher habe ich mir doch länger Gedanken gemacht. Letztlich war es aber unmöglich, mich gegen Dortmund zu entscheiden.“ Damit sollte Bonmanns größter Traum in Erfüllung gehen. Nun stand er nicht mehr in der Kurve und jubelte seinen Idolen zu, sondern neben Roman Weidenfeller auf dem Trainingsplatz.

 

„Das war anfänglich schon komisch. Plötzlich waren sie deine Mitspieler. Ich hatte großen Respekt, vor allem geprägt durch die Jahre als Fan, und ganz ablegen konnte ich diesen nie“, sagt Bonmann heute mit etwas Abstand. Ein Pflichtspiel war ihm in seinen vier Jahren bei den Schwarz-Gelben nicht vergönnt. Lediglich auf der Bank nahm der 27-Jährige regelmäßig Platz. Dennoch war es einfach „eine geile Zeit“, von der er „jede Sekunde genossen“ hat. Zudem habe er von all seinen Übungsleitern wie Jürgen Klopp (heute FC Liverpool), Thomas Tuchel (heute FC Chelsea) oder David Wagner (führte Huddersfield Town in die Premier League) unglaublich viel gelernt. Sie haben sein Torwartspiel nachhaltig geprägt und auch den Menschen Hendrik Bonmann verändert. Qualitäten, von denen heute der FC Würzburger Kickers profitiert.

 

Aus der Vertragslosigkeit in die 2. Liga

 

Wirklich auf dem Zettel hatte ihn in Unterfranken aber lange Zeit keiner. Nach Vincent Müllers Abgang waren die Rothosen mit zwei Keepern in die Saison gestartet. Eine Tatsache, die auch Bonmann – zu diesem Zeitpunkt nach seinem Engagement bei 1860 München vertragslos – mitbekam: „Ich habe mich fit gehalten und gehofft, dass noch ein Angebot kommt. Das war eine schwierige Phase. Als ich dann gelesen habe, dass Würzburg einen Torwart abgegeben hat, hat mich mein Berater für ein Probetraining angeboten.“ Am 1. Oktober verkündeten die Rothosen dann die Verpflichtung Bonmanns nach einer für den Schlussmann „sehr prägenden Zeit“.

 

Umso dankbarer ist der 27-Jährige, sich in der 2. Bundesliga beweisen zu dürfen, und umso glücklicher ist er nun, auch auf dem Platz seine Qualitäten zeigen zu können: „Ich bin froh, dass das Trainerteam mir die Chance gegeben hat, zu spielen, und ich glaube, dass ich das Vertrauen bisher gerechtfertigt habe.“ Rechtfertigen möchte Bonmann in den kommenden Wochen auch die Zugehörigkeit in der 2. Bundesliga. Einen Gedanken an die 3. Liga verschwendet der Schlussmann, selbst wenn er einen Vertrag für diese besitzt, nämlich nicht. Schließlich möchte er seinem Opa, sollte es die gesellschaftliche Lage wieder zulassen, das schöne Würzburg als Zweitligastadt zeigen und ihn mit an den Dallenberg nehmen, auch wenn dann andere auf sein Tor schießen.

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